Die kanadische Autorin Margaret Atwood erhält den Friedenspreis des deutschen Buchhandels. Die 77-Jährige zeige in ihren Romanen und Sachbüchern „immer wieder ihr politisches Gespür und ihre Hellhörigkeit für gefährliche unterschwellige Entwicklungen und Strömungen“, hieß es in der Begründung.
„Humanität, Gerechtigkeitsstreben und Toleranz prägen die Haltung Margaret Atwoods, die mit wachem Bewusstsein und tiefer Menschenkenntnis auf die Welt blickt und ihre Analysen und Sorgen für uns so sprachgewaltig wie literarisch eindringlich formuliert“, würdigte der Börsenverein Atwood, die als erfolgreichste Schriftstellerin Kanadas und als eine der kritischsten Gegenwartsautorinnen gilt.
Atwoods Romane sind ein Appell an die Menschheit
Ihre Bücher sind in mehr als 30 Sprachen erschienen. Sie zeugen von einem von Skepsis geprägten Weltbild. Wohl am bekanntesten ist der apokalyptische Roman „Der Report der Magd“, in dem Atwood eine totalitäre Gesellschaft beschreibt, die Frauen auf Gebärmaschinen reduziert. Eine krasse Vision. Doch heute aktueller als noch vor Jahren: Die Wahl von Donald Trump zum amerikanischen Präsidenten, das Aufkommen rechtspopulärer Bewegungen und die Einschränkung persönlicher Freiheiten im Namen der Sicherheit zeigen, wie schnell sich auch eine demokratische Gesellschaft verändern kann.
In ihrer Endzeittrilogie „Oryx und Crake“, „Das Jahr der Flut“ und „Die Geschichte von Zeb“ zeichnet die Kanadierin eine postapokalyptische Welt nach dem selbst verschuldeten Untergang der Menschheit. Ihr Essay „Payback. Schulden und die Schattenseiten des Wohlstands“ thematisiert die weltweite Finanzkrise und ihre Folgen. Der neueste Roman „Das Herz geht zuletzt“ ist ein Appell an die Politik, Lösungen gegen Armut, Arbeitslosigkeit und für ein starkes soziales Netz zu finden - bevor es zu spät ist. Wie Doris Lessing, mit der die Kanadierin vieles gemein hat, wurde auch Atwood immer wieder als Kandidatin für den Literaturnobelpreis gehandelt. Nun also der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Der mit 25 000 Euro dotierte Preis wird seit 1950 vergeben. Ausgezeichnet wird damit eine Persönlichkeit aus dem In- oder Ausland, die vor allem auf den Gebieten Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat. Zuletzt wurden der Digitalpionier Jaron Lanier (2014), der deutsch-iranische Schriftsteller Navid Kermani (2015) und die Publizistin Carolin Emcke (2016) mit dem Friedenspreis geehrt.