Literaturkritiker Dennis Scheck hatte ein gutes Näschen. In seiner Sendung „Druckfrisch“ hatte er Antje Rávik Strubel mit ihrem Roman „Blaue Frau“ zu Gast. Ihr Roman stand auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis 2021. Nun hat Strubel den mit 25 000 Euro dotierten Preis erhalten, ihr Buch wurde als bester deutschsprachiger Roman des Jahres ausgezeichnet.
Der bei S. Fischer erschienene Roman schildert die Flucht einer jungen Frau vor ihren Erinnerungen an eine Vergewaltigung. Die Autorin behandle das Thema „mit existenzieller Wucht und poetischer Präzision“, urteilte die Jury unter Vorsitz von Knut Cordsen vom Bayerischen Rundfunk. „Die Geschichte einer weiblichen Selbstermächtigung weitet sich zu einer Reflexion über rivalisierende Erinnerungskulturen in Ost- und Westeuropa und Machtgefälle zwischen den Geschlechtern.“
Antje Rávik Strubel wurde in Potsdam geboren, wo sie auch lebt. Nach einer Ausbildung zur Buchhändlerin studierte sie in Potsdam und in New York Literaturwissenschaften, Psychologie und Amerikanistik.
In ihrer Dankesrede sprach die Autorin über gendergerechte Sprache und die Kämpfe darum. „Ich wusste, sollte der Preis an mich gehen, kann ich nicht sprachlos vor Ihnen stehen. Nicht in diesen zänkischen Zeiten. Und vor allem nicht nach Erhalt eines Preises – für den ich der Jury herzlich danke –, der einem Roman gilt, der die erzwungene Sprachlosigkeit einer jungen Frau umkreist und ihr Vermögen, sich der Sprache und damit ihrer selbst wieder zu bemächtigen.“
Dabei beruft sie sich auch auf Ilse Aichinger: „Vielleicht muss das Selbstverständliche erst wieder unverständlich werden, um selbstverständlich zu bleiben.“ Sonnenklar bleibe bei aller Freude am sprachlichen Wagnis: „Ravik und ich sind Schriftstellerin (nicht: Schriftsteller) und als solche manchmal ausgezeichnet mit einem Sternchen.“