Annie Ernaux, 1940 in Lillebonne geboren, ist die Nobelpreisträgerin für Literatur 2022. Die 82-jährige französische Schriftstellerin ist vor allem bekannt für ihre autofiktionale Technik, mit der sie eigene Erlebnisse zu großer Literatur verdichtet. Ernaux wuchs in bescheidenen aber behüteten Verhältnissen auf – die Eltern hatten einen Krämerladen mit Café. Sie wurde katholisch erzogen. Nach dem Besuch eines Mädchenpensionats studierte Ernaux Literaturwissenschaften in Paris und promovierte 1971. Da arbeitete sie bereits als Gymnasiallehrerin, später unterrichtete sie als Dozentin an der staatlichen Fernuniversität.
Den Durchbruch in Deutschland hatte die Autorin mit dem 2017 erschienenen Werk „Die Jahre“. Auch „Die Scham“, „Der Platz“ und „Eine Frau“ wurden Bestseller. In ihren Büchern thematisierte Ernaux unter anderem ihre Scheidung, ihre Abtreibung und ihre Krebserkrankung. Sie sei „Ethnologin ihrer selbst“ hat die Schriftstellerin ihr literarisches Schaffen charakterisiert.
Das Nobelpreiskomittee der Schwedischen Akademie zeichnet Annie Ernaux aus „für ihren Mut und den klinischen Scharfblick, mit denen sie die Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Beschränkungen der persönlichen Erinnerung bloßlegt“. Als der schwedische Fernsehsender SVT Annie Ernaux am Telefon hatte, sagte sie: „Ich war sehr überrascht“ und sie sehe „eine große Verantwortung, nicht nur durch mein Schreiben eine Art von Genauigkeit und Gerechtigkeit gegenüber der Welt herzustellen“.
Der Nobelpreis für Literatur wird seit 1901 vergeben und ist mit zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert. Er gilt als die prestigeträchtigste literarische Auszeichnung der Welt.